Die Zählung nach Olympiaden war ein Zeitmaß im gesamten antiken Griechenland. „Olympiade“ ist somit – entgegen einem heute weit verbreiteten Irrtum – nicht synonym mit „Olympische Spiele“, sondern bezeichnet den Zeitraum von vier Jahren, der mit den Spielen beginnt. Die Olympischen Spiele, benannt nach ihrem Austragungsort Olympia im Nordwesten der Halbinsel Peloponnes, waren Teil eines Zyklus, der drei weitere Panhellenische Spiele umfasste: Die Pythischen Spiele in Delphi, die Nemeischen Spiele in Nemea und die Isthmischen Spiele auf dem Isthmus von Korinth.
In der Anfangszeit gab es nur einen Wettlauf über die Distanz des Stadions (192,24 Meter). Die Spiele erhielten mit der Zeit eine immer größere Bedeutung. Sie waren aber keine „Sportveranstaltung“ in unserem heutigen Sinne, sondern ein religiöses Fest zu Ehren des Göttervaters Zeus und des göttlichen Helden Pelops. In ihrer Blütezeit dauerten die Spiele fünf Tage – der erste Tag war bestimmt von kultischen Zeremonien wie Weihehandlungen und dem Einzug der Athleten, Betreuer, Schiedsrichter und Zuschauer in den heiligen Hain von Olympia. Neben den Wettkämpfen – zuletzt waren es 18 in den Sportarten Leichtathletik, Schwerathletik, Pentathlon und Reiten – waren musische Wettbewerbe ebenso wichtig. Nicht der Sport als solcher stand im Mittelpunkt, sondern die religiöse Komponente.
Die eigentlichen Spiele begannen mit dem Umzug aller Beteiligten zum Tempel des Zeus. Hier schworen die Athleten, sich an die Regeln der Spiele zu halten. Die Sieger erhielten einen Siegeskranz aus Olivenzweigen sowie ein Stirnband. Man sah sie als „von den Göttern begünstigt“ an und verewigte sie mit Gedichten und Statuen. Jede Niederlage, sogar schon ein zweiter oder dritter Platz, galt als untilgbare Schmach. Die Verlierer kehrten auf Schleichwegen in ihre Heimat zurück, um dem Spott zu entgehen, der sie erwartete. Als berühmtester Olympionike der Antike gilt der Ringer Milon von Kroton, der erste namentlich bekannte ist Koroibos.
Die antiken Spiele waren aus heutiger Sicht außerordentlich brutal, jeder Teilnehmer in den klassischen Kampfsportarten (Boxen, Ringen, Stockfechten, Pankration) musste auch mit dem Tod rechnen und teilweise wurden Kämpfer für ihr Durchhalten zum Sieger erklärt, nachdem ihr Tod im Kampf festgestellt wurde.
Als die Römer im Jahr 148 v. Chr. Griechenland eroberten, verloren die Olympischen Spiele ihren panhellenischen Charakter. Von nun an war es auch nichtgriechischen Athleten gestattet, teilzunehmen. Vermutlich zum letzten Mal fanden die Spiele im Jahr 393 statt, bevor der römische Kaiser Theodosius I. alle heidnischen Zeremonien verbot. Fest steht, dass die Spiele nicht nach 426 n. Chr. ausgetragen werden konnten, weil damals Theodosius II. alle griechischen Tempel zerstören ließ. Überschwemmungen, Erdrutsche und Erdbeben verschütteten die übrigen Anlagen.
Die Olympischen Spiele der Neuzeit
Die olympische Idee ging nicht ganz verloren. So fanden im Westen Englands zu Beginn des 17. Jahrhunderts erstmals die Cotswold Olympick Games statt. Ein weiterer Versuch, die Olympischen Spiele wiederzubeleben, waren die Olympiades de la République, die von 1796 bis 1798 jährlich im revolutionären Frankreich ausgetragen wurden. Auf diese Veranstaltung geht auch die Verwendung des metrischen Systems im Sport zurück. 1850 führte die landwirtschaftliche Lesegesellschaft von Much Wenlock in der englischen Grafschaft Shropshire eine „olympische Klasse“ ein. Daraus entwickelten sich zehn Jahre später die Wenlock Olympian Games, die bis heute unter der Bezeichnung Wenlock Olympian Society Annual Games fortgeführt werden. 1866 organisierte William Penny Brookes, der Vorsitzende der Wenlock Olympian Society, nationale Olympische Spiele im Londoner Crystal Palace.
Das griechische Interesse an der Wiedereinführung der Olympischen Spiele erwachte nach der Griechischen Revolution gegen die Herrschaft des Osmanischen Reiches. Der Dichter und Verleger Panagiotis Soutsos machte den ersten entsprechenden Vorschlag in seinem 1833 veröffentlichten Gedicht „Dialog der Toten“. Als wichtigster Vorläufer der modernen Olympischen Spiele gelten die Olympien, die ihrerseits das Münchner Oktoberfest zum Vorbild hatten. Sie wurden vom wohlhabenden griechischen Kaufmann Evangelos Zappas ins Leben gerufen und durch eine königliche Verfügung von Otto I. als eine nationale Aufgabe von hohem Rang angesehen, die auch internationale Beachtung erfuhr. Die erste Ausgabe fand 1859 im Stadtzentrum Athens statt. Zappas ließ das Panathinaiko-Stadion instand setzen, das bis 1889 Austragungsort weiterer Olympien war.
Wiederbelebung der Spiele
Nachdem 1766 die Sport- und Tempelanlagen in Olympia wiederentdeckt worden waren, begannen 1875 groß angelegte archäologische Ausgrabungen unter der Leitung des Deutschen Ernst Curtius. Um diese Zeit kam in Europa die romantisch-idealistische Antiken-Rezeption immer mehr in Mode; der Wunsch nach einer Wiedererweckung des olympischen Gedankens verbreitete sich. So sagte Baron Pierre de Coubertin damals: „Deutschland hatte das ausgegraben, was vom alten Olympia noch vorhanden war. Warum sollte Frankreich nicht die alte Herrlichkeit wiederherstellen?“ Nach de Coubertins Meinung war die mangelnde körperliche Ertüchtigung der Soldaten eine der Hauptursachen für die Niederlage Frankreichs im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 gewesen. Er strebte danach, diesen Zustand durch die verbindliche Einführung von Sportunterricht an den Schulen zu verbessern. Gleichzeitig wollte er nationale Egoismen überwinden und zum Frieden und zur internationalen Verständigung beitragen. Die „Jugend der Welt“ sollte sich bei sportlichen Wettkämpfen messen und sich nicht auf den Schlachtfeldern bekämpfen. Die Wiederbelebung der Olympischen Spiele schien in seinen Augen die beste Lösung zu sein, um diese Ziele zu reichen.
Die Wenlock Olympian Games, die de Coubertin 1890 besuchte, bestärkten ihn in der Ansicht, dass eine Wiedereinführung der Olympischen Spiele im großen Rahmen möglich sei. Er griff Brookes und Zappas’ Ideen auf und fügte selbst das Prinzip der Rotation zwischen verschiedenen Austragungsländern hinzu. De Coubertin präsentierte einer internationalen Zuhörerschaft seine Vorstellungen auf einem Kongress, der vom 16. bis 23. Juni 1894 in der Sorbonne-Universität in Paris stattfand und als erster Olympischer Kongress in die Geschichte einging. Am letzten Tag des Kongresses beschlossen die Teilnehmer, dass die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit 1896 in Athen stattfinden sollten, also im Ursprungsland. Um die Spiele zu organisieren, wurde das Internationale Olympische Komitee (IOC) gegründet. Erster Präsident wurde der Grieche Dimitrios Vikelas, während de Coubertin zunächst als Generalsekretär amtierte.
Die ersten Spiele der Neuzeit erwiesen sich als großer Erfolg. Obwohl nur rund 250 Athleten teilnahmen, waren sie ein großes sportliches Ereignis. Die griechischen Offiziellen waren vom Erfolg derart begeistert, dass sie den Vorschlag machten, die Spiele zukünftig immer in Griechenland stattfinden zu lassen. Doch das IOC hielt am Rotationsprinzip zwischen verschiedenen Ländern fest.
Nach dem Anfangserfolg geriet die olympische Bewegung in eine Krise. Die Spiele von 1900 in Paris und 1904 in St. Louis waren in die parallel stattfindenden Weltausstellungen eingebettet. Die Wettkämpfe zogen sich über mehrere Monate hin, waren schlecht organisiert und wurden kaum beachtet, zudem nahmen in St. Louis nur wenige Ausländer teil. Bei den Olympischen Zwischenspielen 1906 in Athen standen die sportlichen Wettkämpfe wieder im Vordergrund. Das IOC stimmte der Austragung zwar widerstrebend zu, erkannte die Resultate jedoch nie offiziell an. Von manchen Sporthistorikern werden diese Spiele als Rettung der olympischen Idee angesehen, da sie das Absinken in die Bedeutungslosigkeit verhinderten.